Extreme Rechte auf den Demonstrationen der Corona-Leugner*innen in Paderborn

Update:
Wir möchten die Berichterstattung seitens des Westfalenblatts zu unten stehendem Text wie folgt ergänzen:
1. Wir freuen uns zunächst einmal, dass die Lokalpresse das Thema jetzt auch aufgreift und auch, dass wir dazu beitragen konnten.
2. Die Einordnung der von Grundrechte Paderborn und anderen Querdenken-nahen Gruppen organisierten Demonstrationen als „Gegner der Corona-Politik der Bundesregierung“ ist gänzlich falsch und unzureichend. Die Proteste fußen auf der Leugnung der Pandemie, einem Weltverschwörungsglauben, Antisemitismus und der offenen Gleichgültigkeit bis Verachtung „Schwacher“ (wie vorerkrankter oder armer Menschen). Zahllose Kritiker*innen der deutschen Corona-Politik rufen genau aus diesen Gründen nicht dazu auf, sich diesen Demonstrationen anzuschließen.
3. Wir haben nicht behauptet, AfD und Junge Alternative würden die Demonstrationen mitorganisieren. Der Beitrag weist mit Quellenangabe darauf hin, dass sie in entsprechenden Telegram-Gruppen vertreten sind.
4. Selbst wenn wir diese Behauptung aufgestellt hätten, ist uns schleierhaft, wieso die Meinung eines Faschisten eingeholt und ihm darüber hinaus eine Plattform gegeben wird, seine reaktionären Ansichten zu verbreiten.
5. Wir haben auch nicht behauptet, alle an den Demonstrationen Teilnehmenden seien aktiv in der rechten Szene. Der Beitrag belegt anhand von Screenshots öffentlicher Telegram-Gruppen und Aufnahmen von Demonstrationen, dass a) Vetreter rechter Szenen von Anfang an offen an den Veranstaltungen teilgenommen haben und akzeptiert wurden, b) es grundlegende Überschneidungen im Weltbild zwischen diesen Vertretern und dem Rest der Proteste gibt und c) Teile der Corona-Leugner_innen sich explizit mit dem Kauf von Waffen beschäftigen.
6. Wir würden ebenfalls begrüßen, wenn auch bürgerliche Journalist*innen sich ein differenziertes Bild rechter Ideologien, Szenen und Strategien zulegen würden. Festzustellen, dass die Corona-Proteste grundlegende ideologische Überschneidungen mit der Extremen Rechten haben (wie Weltverschwörungsideologien, daraus resultierender Antisemitismus oder die Verachtung „Schwacher“), ist etwas anderes als ihnen zu unterstellen, in einer rechten Szene aktiv zu sein. Wenn solche grundlegendenen Überschneidungen vorhanden sind und extrem rechte Akteur*innen wie Weber oder Tim K. sich offen in die Demonstrationen einreihen, kann eben auch nicht mehr von sich untermischen die Rede sein. In Kurzfassung: Der Beitrag zeigt, dass die Teilnehmerin einer anderen Querdenken-Demonstration auch die Paderborner Demonstrationen sehr gut zusammenfasst.
7. Tim K. ist nicht mutmaßlich ein Rassist.
 
 
 
Durch die enormen Mobilisierungserfolge der Corona-Leugner*innen sind diese wieder vermehrt Teil der öffentlichen Debatte geworden. Auf den letzten großen Paderborner Demonstrationen waren wieder verschiedene Akteur*innen der Extremen Rechten anwesend. Neben der in der Lokalpresse aufgegriffenen Teilnahme von Timm „Tim K.“ Kellner liefen beim Aufmarsch am 10.01.2022 auch eine Gruppe von etwa zehn Personen der „Domstädter“ – rechte Hooligans des SC Paderborn – mit. Diese Auftritte reihen sich in eine bundesweit zu sehende Entwicklung ein, in der rechte Hooligans teilnehmen und sich im Falle eine Eskalation mit der Polizei als Speerspitze profilieren¹.
 
Um solche Entwicklungen zu erklären, wird häufig das Narrativ des „sich untermischen“ oder unterwandern“ der Proteste durch die Extreme Rechte bemüht. In Paderborn sind jedoch faschistische Gruppen und Personen seit Beginn fester Bestandteil der Demonstrationen. Die lokale Junge Alternative und AfD² nehmen schon seit zwei Jahren regelmäßig an den Demonstrationen teil und sind in den organisierenden Telegram-Gruppen vertreten³. Mehrmals waren Gerd und Anna-Maria Ulrich, die Teil der verbotenen HDJ waren, bei  den Kundgebungen der Paderborner Corona-Leugner*innen anwesend⁴. Sie haben Kontakte zu Teilen des Organisationskreis, mit denen zusammen sie eine Schilder-Aktion an einer Landstraße durchführten. Ebenfalls besuchte der Vorsitzende des Thule-Seminars Burkhart Weecke die Demonstrationen.
 
Auch bezogen auf ihr Weltbild gab es von Anfang an Überschneidungen zwischen extremer Rechter und den Corona-Protesten. Seit Beginn teilten Organisator*innen und Teilnehmende der Corona-Proteste strukturell und offen antisemitische Inhalte. Das ist auch nicht verwunderlich, ist doch die Erzählung der Coranaleugner*innen von der großen Corona-Verschwörung selbst schon antisemitisch. Die Narrative von der „Verschwörung einer globalen Elite“ sind dabei aus alten antisemitischen Verschwörungserzählungen wie den sogenannten Protokollen der Weisen von Zion oder der Brunnenvergiftererzählung übernommen. Auch die prinzipielle Ablehnung der sogenannten Schulmedizin spricht die ethnonationalistische Szene an, was sich auch in der Teilnahme der oben genannten Familie Ulrich und Burkhart Weeckes an den Demonstrationen widerspiegelt. Besonders abstoßend ist in diesem Kontext auch, dass einige Teilnehmende ihre Situation als Ungeimpfte in der Pandemie mit der Situation von verfolgten Gruppen im Nationalsozialismus vergleichen. Darüber hinaus teilen sowohl der Organisationskreis als auch die Teilnehmenden um Grundrechte Paderborn in diversen Telegram-Gruppen offen antisemitische Inhalte, von juden*jüdinnenfeindlichen Verschwörungstheorien um den Ukraine-Konflikt bis hin zur Shoa-Leugnung. Selbst die Shoa-Leugnerin Ursula Haverbeck wird in diesen Gruppen ohne große Kritik verbreitet.
 
Auch in Paderborn kann daher kaum von Unterwanderung die Rede sein. Wie schon in einem früheren auf dieser Plattform erschienenen Beitrag zu lesen war, sind die Corona-Proteste Teil der Extremen Rechten, nicht von ihr unterwandert.  Umso besorgniserregender ist dann, dass in den Kanälen von Grundrechte Paderborn inzwischen auch Hinweise zu anderen Kanälen geteilt werden, in denen Tipps zur Bewaffnung, vor allem mit Armbrüsten, gegeben wird. In Anbetracht dessen klafft eine gewaltige Lücke zwischen der Gefahr der Corona-Leugner*innen und dem laschen zivilgesellschaftlichen Umgang mit ihren wöchentlichen Aufmärschen.
 
 
Quellen: